Zu unserem 40. Jubiläum trafen wir uns vom 12. bis zum 15. September 2019 im Zoo Köln auf Einladung des Direktors Theo Pagel. Für die tolle Ausrichtung und Organisation unserer Tagung möchten wir uns auch an dieser Stelle nochmals bei Theo Pagel, aber vor allem auch bei Bernd Marcordes, einem der Kuratoren des Zoos, bedanken. Wir durften in einem der Räume der Zooschule tagen, der genügend Platz für alle bot und auch Raum für den Bücherstand und die Postkarten bot. Einziges Manko waren die Stühle, die ein langes Sitzen nicht besonders bequem gestalteten. Wir trafen uns am Donnerstagnachmittag um 16:30 Uhr zu einem informellen Begrüßungsabend, der aufgrund einiger Technikprobleme ein paar Minuten später startete. Dankenswerterweise stellte Norbert Theisges uns seine Technik zur Verfügung und betreute die Referenten während aller Tage aufs Beste!

Zur Einstimmung hörten wir einen Vortrag von Ursula Bryson über Sambias unerforschten Regenwald. Sie berichtete über Fang und Beringung von Vögeln an der Grenze zum Kongo, wo es noch sehr wenig Daten gibt, und auch unsere europäischen Vögel zum Überwintern anzutreffen sind. Sie begeisterte uns mit tollen Bildern von Nektarvögeln, Paradiesschnäppern und Brillenwebern, aber auch Riesenpilze, rudimentäre Brücken und das Leben im Camp mitten in der Wildnis machten diesen Vortrag sehr spannend und unterhaltsam. Auch der Chief Kanyama in seiner traditionellen Robe mit den zwei Eisvögeln auf der Hand wird uns neben den Bartvögeln, Honiganzeigern und der boxenden Gottesanbeterin sicher noch in Erinnerung bleiben. Nachdem wir uns im Zoorestaurant gestärkt hatten, konnten wir wiederum einen Film von Struwes genießen, der 2008 schon einmal gezeigt wurde, aber sicherlich sowohl die alten Hasen als auch die Neulinge gleichermaßen begeistert hat. Sie entführten uns in Lebensräume am Wasser und in die Höhen Brasiliens und beeindruckten uns aufs Neue mit wunderschönen Bildern, die gewohnt informativ und unterhaltsam textlich und musikalisch untermalt waren. Am Wasser konnten wir Einsicht in eine Brutkolonie Scharlachsichler und verschiedener Reiherarten erhalten, wir lernten, dass Rote Mangroven Stelzwurzeln besitzen und begleiteten das Ehepaar Struwe auf der Suche nach den seltenen Dunkelsägern, die sie schließlich in der Serra da Canastra fanden. Tolle Aufnahmen von Kolibris, dem seltenen Hahnenschwanz-Tyrann und einer durch eisenhaltiges Wasser rot gefärbten Kanincheneule begeisterten uns ebenso wie der Mähnenwolf und die Geschichte über den privaten Vogelzuchtpark, wo bedrohte Papageien, Hokkos und Enten gezüchtet und in die Freiheit entlassen werden. Ein besonderes Highlight war natürlich auch der Tanz der Blaubrustpipras im Naturpark Carlos Botelho! All diese Eindrücke mussten natürlich noch diskutiert und verdaut werden, so dass sich einige Teilnehmer zur Nachsitzung im Richters trafen und die lokale Braukunst durch Genuss des ein oder anderen Kölsch unterstützten.

Am Freitag wurde die 40. Tagung über tropische Vögel offiziell von unserem Präsidenten Martin Kaiser eröffnet. Er begrüßte alle Teilnehmer herzlich und dankte Theo Pagel für die Einladung. Das Tagungsprogramm begann anschließend mit der Vorstellung dreier, durch die GTO geförderter Projekte. Den Anfang machte Beate Apfelbeck, die uns über die Brutpflegestrategien des Kenia-Bülbüls in den Taita-Hills, einem der Biodiversitäts-Hotspots, berichtete. Bei dieser endemischen Art helfen Jungvögel der letzten Jahre ihren Eltern bei der Aufzucht der aktuellen Brut, so dass das Weibchen seinen Einsatz verringern kann. Insbesondere in schlechteren Habitaten, die durch Waldfragmentierung vielfach entstehen, sind diese Helfer sehr wichtig und steigern das Gewicht der Küken und damit ihr Überleben erheblich. Anschließend trug Lara Groß ihre Ergebnisse zur Prädation bei Fächerschwanzgerygonen in Neukaledonien vor. Erstaunlicherweise sind es hier nicht die invasiven Ratten, sondern Kuckucke, Krähen und Habichte, welche die Art massiv prädieren. Für große Überraschung und rege Diskussion sorgte das Ergebnis, dass der Bronzekuckuck seinen Bestand trotz der Tatsache, dass die Gerygonen die jungen Kuckucke aus dem Nest schmeißen, halten kann. Hier wird deutlich, dass es noch massiven Forschungsbedarf gibt. Nach der Pause begrüßte uns Theo Pagel, der Direktor des Kölner Zoos herzlich, und wünschte uns eine schöne, erfolgreiche Tagung. Als drittes stellten uns dann Claudia Mettke-Hofmann und Gerhard Hofmann ihr Projekt zum Zusammenhang des Draufgängertums der Gouldamadinen mit der Kopffarbe vor. In verschiedenen Laborstudien konnten sie zeigen, dass rotköpfige Tiere aggressiver als schwarzköpfige sind, woraufhin auch der Einfluss roter Bekleidung, das Fahren roter Autos und rote Haare bei Menschen lebhaft diskutiert wurden. Untersuchungen im Freiland wurden von dem „Sklaven“ Gerhard Hofmann unterhaltsam präsentiert, wo gezeigt werden konnte, dass die Gouldamadinen warten bis Spitzschwanzamadinen an die Wasserstelle fliegen, da diese noch schwerer sind und daher im Fall der Fälle als erstes als Beute enden. Persönlichkeit und Kopffarbe gehen bei den Gouldamadinen Hand in Hand, denn während rotköpfige aggressiver sind, weisen schwarzköpfige eine starke Neugier und höhere Risikobereitschaft auf, alles Verhaltensweisen, die in einer Population wichtig sind. Auch die Zucht besonders großer, farbenprächtiger und fehlgeformter Vögel wurde angesprochen, die gegen die Natur ist und das Auswildern solcher Vögel erheblich behindert.

Für die Mittagspause wurde wiederum das Zoorestaurant aufgesucht und viele nutzten das schöne Wetter für einen Rundgang durch den Kölner Zoo. Anschließend begann der Themenblock Vogelhaltung und Taxonomie mit einem Vortrag von Sandra Marcordes, der hiesigen Zootierärztin. Sie berichtete sehr anschaulich über Themen wie Prophylaxe, Parasitologie und den Umgang mit der Geflügelpest –  nicht nur für Vogelhalter sehr spannende Einblicke. Auch die Diagnostik und Therapie verschiedener Patienten und das Experimentieren mit Materialien zum Kleben eines gebrochenen Schnabels oder Schienen eines Beinbruchs vervollständigten Sandra Marcordes interessanten Vortrag, der von ihrem Mann Bernd um die ein oder andere Geschichte noch bereichert wurde. Im zweiten Vortrag wurde es dann etwas theoretischer und der Zuhörer wurde stark gefordert. Werner Kunz trug seine Überlegungen zum Artbegriff vor und ging der Frage auf den Grund, was überhaupt als eine Art bezeichnet werden kann. Verschiedene Theorien dazu, die anschließend rege diskutiert wurden, basieren auf äußeren Merkmalen, potenzieller Reproduktion und Verwandtschaftsbeziehungen. Bis heute herrscht noch keine Einheit beim Thema des Artbegriffes. Nach einer Kaffeepause fuhren wir fort mit einem Vortrag von Christoph Hinkelmann sowie Robert Pfeifer, Horst Brandt und Corinna Bartsch, die anlässlich des Jubiläums einen Rückblick auf 40 Jahre GTO vorbereitet hatten. Christoph Hinkelmann berichtete gleichermaßen unterhaltsam und informativ über die Tagungen von den Anfängen in Bonn, wo es weder ein Programm noch Bilder gab, bis zur letzten Tagung in Wilhelmshaven 2018. In mühevoller Arbeit hatten die Autoren die Tagungsorte, Vortragende, Einladende, Teilnehmerzahl und Tagungsbeiträge herausgesucht und damalige Fotos führten zu manchem Lacher und Schwelgen in alten Erinnerungen. Auch begeisterten uns die Informationen zu Anzahl und Thema der Vorträge und wir alle waren uns einig, dass eine Fortsetzung folgen sollte.

Während der Abendpause stärkten wir uns wiederum im Zoorestaurant. Auch wenn manch einer das überschaubare Speisenangebot bald zur Gänze durchprobiert hatte, so war die Versorgung lecker, schnell und unkompliziert und es blieb noch Zeit für einen Spaziergang durch den Zoo. Anschließend entführten uns Kaufmanns und Carsten Brunke wiederum mit einer Bilderreise nach Kenia. Gewohnt unterhaltsam vorgetragen von Berit und Peter Kaufmann lauschten wir dem Reisebericht und sahen tolle Bilder von der beeindruckenden Wanderung der Huftiere in der Massai Mara. Das Treiben der Frankoline, Geier und Trappen wurde uns sehr anschaulich näher gebracht und auch die Räuber-Beute-Beziehungen mit dem Verspeisen etlicher Frösche eindrücklich bebildert. Beim Leierschwanz erläuterte Peter Kaufmann den damaligen Mitreisenden Nicht-Ornis „Männchen haben Schwänze, Weibchen nicht“, was für etliche Lacher im Publikum sorgte. Vom Viktoriasee zeigten sie beeindruckende Bilder und Filme von Reihern, Hammerköpfen und Eisvögeln und im Kakamega-Forest, dem letzten Rest des Tieflandregenwaldes in Kenia, konnten wir Nektarvögel, Riesenturakos und Perlenrallen bestaunen. Auch die spannenden Eindrücke dieses Tages verarbeiteten wir bei lauen Temperaturen im Biergarten des Richters, wobei einige nach dem umstrittenen Genusses des Kölsch heute zu Wein oder anderen Biersorten wechselten….

Am Samstagmorgen stand die Zoobesichtigung unter Führung von Bernd Marcordes auf dem Programm. Bei Kaiserwetter erfuhren wir viel über den stolzen Bestand von über 280 Vogelarten mit rund 1.900 Individuen im Kölner Zoo. Wir starteten den Rundgang an der Anlage der Kubaflamingos, wo in den letzten Jahren schon eifrig von Studenten geforscht wurde. Die Gruppe umfasst stolze 161 Tiere und Bernd Marcordes berichtet über die Schwierigkeiten für Zoos und andere Vogelhalter, welche das Kupierverbot mit sich bringt. Weiter ging es vorbei an den Kranichen und Pelikanen, wobei interessante Fakten, lustige Anekdoten und verrückte Pläne und Bestimmungen im Volierenbau die Zeit wie im Flug vergehen ließen. In der Fasanerie konnten wir einheimische und exotische Vögel bestaunen und durften anschließend auch hinter die Kulissen bei den Bienenfressern und Scharlachspinten schauen, welche Hightech-Brutboxen besitzen. Im Tropenhaus war eine beeindruckende Ausstellung zum Thema der Vogelmärkte in Südostasien und etliche, farbenprächtige Vögel konnten bestaunt werden.

Nach der Mittagspause namen wir unser Vortragsprogramm mit dem Beitrag von Thorsten Pröhl wieder auf, der uns nach Ägypten, in den Lebensraum des Wüstenfahlkauzes entführte. Auch als „Nicht-Fachmann“ vermittelte er uns viele spannende Einblicke in diese und andere Greifvogelarten der Wüste entlang des Roten Meeres nach Süden, untermauert von tollen Bildern verschiedenster Verhaltensweisen der Vögel. Unter teilweise abenteuerlichen Bedingungen, die seit der Revolution deutlich beschwerlicher wurden, erkundete er die Gegend und Arten wie Schieferfalke, Fischadler und Ohrengeier faszinierten uns mit vielen Eindrücken. Robert Pfeifer präsentierte uns anschließend sehr interessante Fakten über die Verbreitung, den Lebensraum und die äußerlichen Merkmale des Tamariskenspechts im Iran. Sehr anschaulich zeigte er die Unterschiede zu anderen Arten wie dem Blutspecht oder Buntspecht, wobei in der Kontaktzone auch immer wieder Hybridisierungen vorkommen, die zum Teil am Kopfgefieder erkannt werden können. Bislang gibt es kaum Informationen zum Grad der Hybridisierung im Iran, so dass hier mit morphologischen und genetischen Methoden weiter Licht ins Dunkel gebracht werden sollte. Nach der Kaffeepause entführte uns Hermann Joseph Roth in die Geschichte der Ornithologie und berichtete über die Reisen Darwins nach Südamerika. Dabei erzählte er sehr verständlich und unterhaltsam vom Einfluss anderer „Giganten“ wie Humboldt, Lyell, Wallace oder Müller auf die Arbeit Darwins, welche den Grundstein legten, auch wenn es sich beispielsweise um Geologen handelte. Aber damals waren die Naturwissenschaftlicher noch nicht so spezialisiert sondern ganzheitlicher bewandert. Auch erläuterte er uns, dass die Darwinfinken und ihre Unterschiede in Morphologie und Ernährung gar nicht von Darwin sondern von englischen Wissenschaftlern entdeckt wurden. Es war für Profis und Amateure gleichermaßen ein sehr spannender und verständlicher Vortrag. Nach der Pause begannen wir mit unserer Mitgliederversammlung, wo neben den üblichen Punkten auch Neuwahlen von Vorstand und Beirat anstanden. Dankenswerterweise erklärten sich die meisten Vorstandsmitglieder zu einer Neuwahl bereit, in drei Jahren müssen aber neue Mitglieder für die Arbeit im Vorstand der GTO gefunden werden.

Für den Gesellschaftsabend trafen wir uns um 19:30 Uhr im Colonia Brauhaus direkt am Rhein. In gemütlicher und beschwingter Runde wurden viele Themen rund um die Vogelhaltung und Tropenornithologie diskutiert, bevor unser Präsident schließlich das Buffet eröffnete. Wir ließen uns neben Bier oder Wein kalte Vorspeisen, Fisch, Fleisch und Spätzle oder Pommes in dem gemütlichen Lokal schmecken. Schließlich erfolgte die Übergabe des Preises für Tropenornithologie, der dieses Jahr an Dietmar Oppermann ging. Der Tischler und Möbelbauer im Ruhestand wurde für seine Arbeit „Der Graumantel-Brillenvogel – eine Übersicht“ in der Gefiederten Welt ausgezeichnet und die Jury betonte seine Verdienste im Bereich der Taxonomie, Lebensweise, Verbreitung und Unterartentrennung. Weiterhin wurde der Steinbacherpreis als Auszeichnung seines Lebenswerkes an Theo Kleefisch verliehen, der von allen herzlich beglückwünscht wurde. Mit einem Buch über den  ältesten Zoo Deutschlands und einem Büchergutschein von Hajo Christ bedankte sich Martin Kaiser nochmals bei Bernd Marcordes und beendete damit das offizielle Programm des Abends. 

Am nächsten Morgen trafen wir uns pünktlich um 9:00 Uhr wieder im Tagungsraum zum Vortrag von Bernd Marcodes über die EAZA-Singvogel Kampagne „Silent Forest“, die von Simon Bruslund initiiert wurde. Er berichtete sehr eindrucksvoll über viele bedrohte Vogelarten, die in Südostasien illegal gefangen und unter erbarmungswürdigen Zuständen auf den Märkten verkauft oder zu Singwettbewerben ausgestellt werden. Die Kampagne kämpft in verschiedenen Projekten für die Erhaltungszucht und Auswilderung von Arten wie Balistar, Niasbeo oder Schamadrossel und erste Erfolge sind zu verzeichnen, auch Dank der Hilfe mancher ortsansässiger Gleichgesinnter. Die Entwaldung der Tropen und der Waldbedarf der Vögel stand im Zentrum des nächsten Vortrages von Matthias Waltert, der eindrücklich zeigte, wie die Isolation durch Rodung zum Rückgang vieler Arten führt. In einem Versuch in Kenia konnten er und sein Team zeigen, dass die meisten Vogelarten einen Waldanteil von mindestens 40 % benötigen, manche sogar über 80 %, und nur wenige profitieren von der dramatischen Abholzung in vielen Ländern. Am Schluss berichtete Norbert Theisges über die Reise nach Gambia und brachte uns dieses tolle Land und seine Avifauna in wunderschönen Bildern näher. Wir erfuhren, dass die Grenzen per Kanonenschussweite bestimmt wurden, und dass die Chinesen auch dort schon massiven Raubbau betreiben. Überwinternde Regenbrachvögel, Senegalamaranten, Opalracken oder Goldscheitelwürger beeindruckten uns ebenso wie Schneescheitelrötel, Schildturakos und Purpurglanzstare. Wir erfuhren, dass es Licht in der einfachen Lodge nur in Form einer Kerze vor einem Spiegel gab und dass Halbmondtauben sich von anderen Vögeln am Wassertrog bespritzen lassen. Nach diesen tollen Eindrücken wurde der nächstjährige Tagungsort vorgestellt: 2020 geht’s nach Halberstadt in Sachsen-Anhalt, wo uns Rüdiger Becker im Heineanum begrüßen wird. Schließlich wurde die Tagung von unserem Präsidenten beendet, er dankte für das tolle Programm und die rege Teilnahme und wünschte allen eine gute Heimreise!