Um 15:00 Uhr ging es in der Zooschule dann offiziell los und unser Präsident, Rüdiger Becker, eröffnete die 43. Tagung der GTO. Er stellte das Programm für die nächsten Tage vor und sprach dem Team vor Ort einen herzlichen Dank aus. Dann kam der Direktor des Zoologischen Stadtgartens, Prof. Dr. Matthias Reinschmidt, zu Wort. Er hieß uns herzlich willkommen und betonte, dass die tolle Arbeit des Zoos vor allem auf den Schultern der Pfleger ruht. Er lobte das Engagement des Teams und für jeden Papageien, die ihn besonders faszinieren, bekämen die Pfleger dafür zwei Kleinvögel wie bspw. Prachtfinken in die Anlage. Teamwork auf bestem Niveau! 

Dann startete unser Vortragsprogramm mit dem Beitrag von Robert Pfeifer über Vögel und Beeren – eine Tier-Pflanze-Interaktion. Wie locken Pflanzen Vögel an? Vor allem über dicke, fleischige Beeren, die den Vögeln als Nahrung dienen. Im Sinne der Pflanze sollten sie viele Samen enthalten, im Sinne des Vogels aber viel Fruchtfleisch. Auf jeden Fall sollte die Beere im Ganzen in den Schnabel entsprechender Vögel passen und die Samen werden dann wieder ausgewürgt bzw. mit dem Kot ausgeschieden. Robert Pfeifer berichtete, dass die meisten Früchte bei uns in Mitteleuropa daher eine Größe von 5 bis 12 mm aufweisen. Aber Achtung: Es gibt auch Samenparasiten, welche die Frucht aufpicken und die Samen verzehren, sodass es nicht zu einer Ausbreitung der Pflanze kommt. Bei der Verbreitung durch Säuger spielt die Farbe der Frucht im Gegensatz zur Verbreitung durch Vögel keine Rolle, stattdessen hätte sich im Laufe der Evolution ein starker Duft zum Anlocken der Transporteure entwickelt und reife Früchte fallen auf den Boden, während Vögel-anlockende Beeren und Früchte an den Sträuchern und Bäumen hängenbleiben. Dann kam er auf die Zeit zu sprechen, die die Nahrung im Verdauungstrakt bis zum Ausscheiden benötigt, die sogenannte Darmpassage. Im Schnitt sind es lediglich 50 Minuten. Und auch sehr spannend: Vögel haben Lebern, auf die so mancher Alkoholiker neidisch wäre, da sie große Mengen in kurzer Zeit abbauen können. Und das Fazit: Wichtig ist, was hinten rauskommt!

Nach diesem sehr anschaulichen und reich bebilderten Vortrag wurde es etwas trockener, aber gerade für Vogelhalter sehr spannend und informativ. Martin Singheiser vom BNA berichtete über Politisches zur Vogelhaltung: Tierschutzgesetz, AHL, CITES und Invasion gebietsfremder Arten.  Grundlagen des neuen Tierschutzgesetzes sind ein strengeres Vorgehen gegen Wilderei, den Online-Handel und Qualzuchten sowie eine Verbesserung der Tiertransporte. Sicherlich alles Ansätze, die jeder befürworten kann. Die Umsetzung muss aber geprüft und sauber dargelegt werden. Neben Tierhaltern und –züchtern betrifft dies auch die Landwirtschaft und die Wissenschaft. Nach dem Einspruch von Tierschutzverbänden würde nun auch die Positivliste wieder diskutiert werden. Aber wie wird bspw. Qualzucht überhaupt definiert? Martin Singheiser berichtete über eine Merkmalsliste, aber wie kurz sei eine zu kurze Nase bei Hunden? Hier fehlt die saubere Definition. Unumstritten seien bessere Kontrollen bei Tierbörsen und auch ein verpflichtender Sachkundenachweis vor Anschaffung der Tiere würde in vielen Bereichen eingeführt werden. Fazit: vieles ist gut an dem neuen Entwurf, aber etliches müsse noch konkretisiert werden. Dann machte er noch auf die Gefahren der Aviären Influenza (Vogelgrippe) aufmerksam. Sie sei mittlerweile auch bei Seelöwen und vor allem an Kuheutern mit sehr hoher Virenlast aufgetreten. Jeder Halter und Züchter solle in Absprache mit der Behörde ein präventives Schutzkonzept entwerfen, um der ansonsten drohenden Keulung des gesamten Bestandes zu entgehen. Zudem machte er deutlich, dass im Artenschutz eine umgekehrte Beweislast herrsche, das heißt, als Angeklagter muss man bspw. beweisen, dass man Vögel legal erworben hat. Daher sei eine Kennzeichnung mit Ring auch bei Arten sinnvoll, bei denen eine Kennzeichnung nicht verpflichtend sei. Zum Thema invasive Arten führte Martin Singheiser aus, dass sie über verschiedene Wege wie Transporte, Zoos und Heimtierhalter bei uns in die freie Wildbahn gelangen können. Eine Haltung und Zucht ist mittlerweile vielfach untersagt, eine Euthanasie aber rein zur Bestandssenkung nicht erlaubt. Daher müssen nicht nur Tierhalter, sondern auch Auffangstationen und Tierärzte diese Arten dauerhaft halten, ohne sie vermehren zu dürfen. Was für eine Idiotie!

Das Programm am Freitagnachmittag endete mit der Preisverleihung. Die Jury aus Angelika Fergenbauer-Kimmel, Prof. Dr. Jochen Martens und Robert Pfeifer hat für den diesjährigen Preis für Tropenornithologie das Autorengespann Heinz Schnitker und Thomas Arndt für ihr Werk „Kompendium der Papageienkunde Band 1“ vorgeschlagen. Das Werk sei sehr umfassend, toll bebildert und für Halter, Züchter, Wissenschaftler und Interessierte dieser Vogelgruppe gleichermaßen geeignet. Robert Pfeifer verlas die Laudatio und da keiner der Autoren anwesend sein konnte, nahm René Wüst vom Arndt-Verlag den Preis stellvertretend entgegen. Und in guter Tradition wurde bei der Tagung der GTO auch die Laudatio für den Steinbacher-Preis verlesen. Er ist in diesem Jahr an Martin Gloor aus der Schweiz verliehen worden, berichtete Christoph Hinkelmann. Martin Gloor wurde für insgesamt 31 Veröffentlichungen, erschienen zwischen 2018 und 2024 in der Gefiederten Welt, über die 49 Schillertangaren-Arten ausgezeichnet. Gewürdigt wurden die sehr detaillierten, umfassenden Artikel, die durch Zeichnungen und Fotos sehr schön ergänzt wurden.

Dann machten wir uns auf einen kleinen Marsch durch den Zoo zum Restaurant Erste Fracht, wo das Team des Zoos für uns reserviert hatte. Bei guter deutscher Küche und dem ein oder anderen Bier wurden angeregte Gespräche geführt. Anschließend gingen wir wieder zurück zur Zooschule, wo uns der Abendvortrag von Herrn Reinschmidt über die Artenschutzprogramme des Zoologischen Stadtgartens Karlsruhe erwartete. Er begann damit, dass er eigentlich nur ein halber Direktor des 159 Jahre alten Stadtgartens sei und das Gartenbauamt die andere Hälfte einnehme, da sie die weitläufigen Grünanalgen bewirtschaften und pflegen. Als städtische Einrichtung herrscht ein chronischer Geldmangel, sodass er sich von Anfang an mit dem Generieren neuer Geldquellen auseinandersetzen musste. Schmunzelnd berichtete er uns, dass er von jeher einen guten Draht zu älteren, alleinstehenden Damen hätte, sodass bald eine Stiftung gegründet wurde. Mit ihrer Hilfe stünden nun Mittel zur Verfügung, sodass insgesamt 323 Tierarten aus allen Klassen im Zoo Karlsruhe gehalten werden. Davon seien allein im Exotenhaus rund 50 %, unter anderem 131 Vogelarten mit 6.784 Individuen. Dazu zählen auch 27 Papageienarten und für die Förderung bedrohter Arten hätte man sich auf den Gelbhaubenkakadu spezialisiert. In fünf Zuchtvolieren hinter den Kulissen wird diese Art erfolgreich vermehrt. Da man aber nicht nur ex situ, also außerhalb des Lebensraums, etwas für die Artenförderung tun wolle, würde der Zoo sich auch an vielen Artenschutzprogrammen beteiligen. Für jeden Lebensraum im Zoo gibt es ein Partnerprojekt vor Ort, berichtete Herr Reinschmidt. Dazu zählt die Unterstützung eines Projekts zur Erhaltung des Przewalski-Pferdes in der Mongolei, der Säbelantilope in Marokko, des Luchses im Schwarzwald oder des Gelbhaubenkakadus auf Sumba. Zudem wird ein Waisenhaus für Elefanten auf Sri Lanka unterstützt und das Entfernen von Zäunen in der Masai Mara, Kenia, zum Schutz wandernder Tierarten. Aber auch lokal ist der Zoo Karlsruhe aktiv: so werden Wildblumenwiesen gefördert, Nistkästen aufgehängt und Kiebitze sowie Brachvögel ausgebrütet und freigelassen. Wirklich ein bunter Strauß toller und sehr wichtiger Projekte! Zur weiteren Geldgenerierung wurde der Artenschutzeuro eingeführt, ein freiwilliger Beitrag durch Zoobesucher, der jährlich über 400.000,- Euro einbringe. Dennoch schloss Herr Reinschmidt mit den Worten: „Wir brauchen noch mehr Omas“.

Am Samstagmorgen starteten wir mit dem Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Goymann von der LMU München zum Thema Spornkuckucke. Er berichtete über den Wettstreit der Geschlechter im Vogelreich generell und gab Beispiele für vertauschte Rollen. Beispielsweise bei Laufhühnchen und Regenpfeifern übernimmt das Männchen einen Großteil der Brutfürsorge, wobei es sich oft um Nestflüchter handelt, die nicht intensiv betreut werden müssen. Er und sein Team beschäftigen sich mit Spornkuckucken, vor allem dem Weißbrauen- und Grillkuckuck in Tansania. Habitat, Ökologie und Nahrungsspektrum seien vergleichbar, die Paarungssysteme unterscheiden sich aber sehr stark: Während Weißbrauenkuckucke monogam sind und sich die Brutfürsorge teilen, ist das Weibchen des Grillkuckucks deutlich größer als das Männchen, paart sich mit zwei bis fünf Männchen und überlässt ihnen dann die Aufzucht der Jungen. Auch singen die Weibchen in der Regel, während die Männchen sich nur äußern, um eine Paarung zu erbetteln. Prof. Goymann untersucht die Evolution dieses Verhaltens, seinen Überlebenswert, die Ontogenese und die zugrunde liegenden Mechanismen (die vier Fragen Tinbergens). Er fand heraus, dass der Grillkuckuck nur einen Hoden besitzt, aber dadurch nicht weniger Testosteron produziert. Allerdings haben die weiblichen Grillkuckucke mehr Rezeptoren für das Hormon im Vergleich zu den Weibchen der Weißbrauenkuckucke, was mit dem „männlicheren“ Verhalten einhergehen könne. Das Team stellte sich die Frage, ob sich das Paarungssystem auf das Geschlechterverhältnis in der Population auswirkt. Bei den Weißbrauenkuckucken sei es sowohl bei den Nestlingen als auch bei den Erwachsenen ausgewogen, während das Team bei den Grillkuckucken unter den Adulttieren mehr Männchen nachwies.

Nach diesen spannenden Einblicken aus der Wissenschaft entführte Dietmar Schmidt uns während der nächsten halben Stunde nach Neuseeland. Er berichtete über die 53 inaktiven Vulkane in Auckland und die Geothermalfelder. Wir sahen tolle Bilder der südlichsten Kolonie des Australtölpels und erfuhren, dass die Insel Kapiti von Raubsäugern befreit wurde und nun ein Rückzugsort für viele Vogelarten wie Maorifruchttaube, Kaka, Takahe und Ziegensittich ist. Auch erfuhren wir, dass im privaten Schutzgebiet Penguin Place Gelbaugenpinguine brüten und Verkehrsschilder warnen vor den morgendlichen Paraden der Zwergpinguine. Neben den vielen Vogelporträts genossen wir auch die großartigen Landschaftsbilder, bspw. vom Milford Sound, den Kipling als 8. Weltwunder betitelte. Dort konnten auch die sehr zahmen Keas beobachtet werden, von denen einer sogar durch den Bus lief, wie Dietmar Schmidt berichtete. Auch kann man dort den dunkelsten Nachthimmel der Erde bewundern  und sehr saubere Luft atmen, wenn da nicht der ewig lange Flug wäre…

Nach der Kaffeepause, in der wir wieder den selbst gebackenen Kuchen von Michaela Klinck genießen durften, kam der Präsident Rüdiger Becker zu Wort. Passend zum Thema „Pura Vida – Vögel in Costa Rica“ hatte er sich ein T-Shirt mit diesem Slogan übergestreift. Nachdem seine Frau Christiane ihn davon abgehalten hatte, den Vortrag systematisch wie ein Vogelbuch aufzubauen, entführte er uns in die einzelnen Lebensräume mit ihren Bewohnern, die sie auf der Reise Anfang 2024 kennengelernt hatten. Am Fluss sahen wir tolle Bilder von diversen Eisvögeln, Reihern und dem „hässlichen Waldstorch“ und erfuhren, dass Bronzekiebitz und Gelbstirn-Blatthühnchen sich ständig zofften. Und was für ein Glück (oder Unglück?), wenn die Weißbandpipra zu nah für das Teleobjektiv sitzt! Aus dem Bergregenwald zeigte er uns Bilder von Motmots und dem Fischertukan und im Trockenwald konnten Wegebussarde, Rosttauben und Scherenschwanz-Königstyrannen beobachtet werden. Im Nebelwald wurden die „unruhigen, ständig motzenden“ Gilbdrosseln abgelichtet und viele Kolibris, Arassaris und Tyrannen wurden von der kleinen Reisegruppe beobachtet. Vom Pazifik, wo jeden Abend ein großartiger Sonnenuntergang in der Finca Bavaria bewundert werden konnte, sahen wir tolle Bilder von Organisten, dem Goldkehltukan und dem einzigartig getarnten Klagetagschläfer. Im Hochland wurden vor allem Vulkanammern und die Vulkanelfe abgelichtet und Rüdiger Becker warnte uns eindringlich vor den Quetzal-Touren. Viel zu viele Leute, sehr viel Hektik und kaum Chancen, die beeindruckenden Vögel in Ruhe vor die Linse zu bekommen. Am Schluss der Fahrt wurde noch der tropische Regenwald besucht, wo Arten wie Buntkehlsaltator, Braunhäher, Sommerkardinal und Schneekappenkolibri bewundert werden konnten. Fazit: Ein tolles, abwechslungsreiches Land mit enormer Artenvielfalt!

Vor der Mittagspause berichtete Marko Legler von der Tiermedizinischen Hochschule Hannover über virusbedingte Nestlingssterblichkeit bei Wildtauben. Bei einem Taubenzüchter seien innerhalb eines Monats alle Jungvögel verstorben, die Adulttiere blieben aber am Leben. Die Untersuchungen ergaben, dass leichte Leber- und Nierenveränderungen aufgetreten seien und es sich anscheinend um ein unbekanntes Polyomavirus handelte. Er berichtete, dass die zweite Brut dann aber erfolgreich war. Das Weibchen hatte vermutlich Antikörper gebildet und diese an die Jungen weitergegeben. Aber wie war das Virus in die Haltung gelangt? Vermutlich über ein Paar Diamanttäubchen, das zwar in einem getrennten Käfig, allerdings im gleichen Raum untergebracht war. Das heißt, dieses Virus verbreitet sich nicht über das Ei, wohl aber über die Luft.

Zur Mittagspause konnten wir ins Zoorestaurant gehen und uns bei gutem Wetter anschließend noch die Füße vertreten. Dann kamen wir zum Vortrag von Ditmar Oppermann über Betrachtungen zum spezifischen Nahrungsspektrum einiger Vogelarten wieder zusammen. Wie kommt es, dass einige Vögel giftige Beeren problemlos fressen können und auch höhere Mengen Alkohols aus vergorenen Früchten abbauen? Vor allem über eine sehr große Leber (von der so manch regelmäßiger Konsument größerer Mengen Alkohols nur träumen kann…). Sperlinge fressen beispielsweise die Raupen und Schmetterlinge des giftigen Buchsbaumzünslers und die Brillenvögel (die natürlich in einem Vortrag von Ditmar Oppermann nicht fehlen dürfen) brüten bei ihm im Efeu und Buchsbaum, deren Blüten auch viele Insekten anziehen. Auch fressen sie die Beeren des Pfaffenhütchens. Dann berichtete er, dass Maorifruchttauben die Blüten des Besenginsters verzehren und Raubwürger sich von giftigen Ölkäfern ernähren. Aber wie funktioniert das? Vor allem über einen sehr schnellen Stoffwechsel, andere Enzyme als im menschlichen Körper und die große Leber. Zudem gäbe es Arten, die Giftstoffe in der Haut oder in den Federn einlagern, um Feinde und Parasiten abzuwehren. Allein in Neuguinea kenne man 10 solcher Giftvogelarten, wie bspw. den Zweifarbpirol, der als giftigster Vogel der Welt gilt. Auch Ockerpirol, Blaukappenflöter und verschiedene Dickköpfe zählen dazu.

Was hat sich 25 Jahre nach Schuchmann in der Klassifikation der Kolibris getan? Davon berichtete Norbert Bahr uns. Im „Handbook of the Birds of the World“ wurden erstmals alle Arten abgebildet und nach neuester Taxonomie seien die Kolibris am nächsten verwandt mit den Seglern und Nachtschwalben. Und sogar aus Europa sind fossile Funde dieser schönen Flugkünstler bekannt, die dort noch vor etwa 30 Mio. Jahren zu finden waren. Norbert Bahr erzählte über die zwei Unterfamilien, die Schattenkolibris und die eigentlichen Kolibris, die nach Schuchmann so eingeteilt worden waren. In den letzten Jahren wurden mehr Arten unterschieden und zwischen 1999 und 2022 kam es auch zu einer gesteigerten Zahl gut definierter Gattungen. Dann erfuhren wir noch die Geschichte eines mysteriösen Vogels: Der Balg wurde 1909 erstmals beschrieben und lange war man sich nicht sicher, ob es sich um eine ausgestorbene Kolibriart oder womöglich einen Hybriden handelte. Per Genuntersuchung wurde 2018 schließlich festgestellt, dass es sich nicht um eine eigene Art, sondern eine Hybridform handelt, wobei nicht ganz sicher ist, welche Arten beteiligt waren. Wieder ein Rätsel, das mit neuen Methoden entschlüsselt werden konnte.

Nach dieser wissenschaftlichen Übersicht nahm Marko Legler uns wieder mit auf eine Reise, dieses Mal ging es nach Bolivien. Er berichtete über einen Park bei La Paz auf 3.500 m, wo es den Riesenkolibri und die Goldschwanzsylphe gibt. Allerdings sei der Park auch beliebter Treffpunkt für Pärchen, sodass die Vogelbeobachtung nicht immer ganz störungsfrei ist. Während des Tages verbringen viele Kolibris die heißen Stunden unter Felsüberhängen, sodass die Beobachtungsmöglichkeiten gegen Abend erfolgsversprechender waren. In Bolivien werde viel Landwirtschaft betrieben und dafür wurden und werden auch große Flächen abgeholzt. Die kahlen Hänge seien erschreckend, erzählte Marko Legler. Seine Begleitung und er waren aber beeindruckt von den uralten Dinosaurierspuren in Torotoro und den tiefen Schluchten, wo die Andenkondore über ihnen segelten. Im Madidi-Nationalpark, der viele verschiedene Höhenlagen beinhaltet, konnten Bronzeschwanz-Saphirkolibris, Degenflügel beobachtet werden und auch etliche Ameisenvögel, welche die Züge der Treiberameisen begleiten, um die von ihnen aufgescheuchten Kleintiere zu jagen. Auch entdeckten sie auf ihrer Reise eine Singarena des Rotschwanz-Schattenkolibris und erkundeten Mineralleckstellen der Hellroten Aras (Scharlacharas) an Steilwänden.

Nach diesem Vortragsblock stand eine Führung im Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe an. Patrick Rücker führte uns durch die Tropenhalle und Lukas Amberger zeigte uns die Außenanlagen. Zu den Anfangszeiten des Zoos gab es kein Winterhaus für die Vögel und viele andere Tiergruppen, sodass ein historisches Hallenbad zur Tropenhalle umgebaut wurde. Dort sind heute alle Wirbeltierklassen untergebracht. Aufgrund der wenigen Oberlichter muss aber viel mit Kunstlicht gearbeitet werden. Der Umbau hat über 20 Mio. Euro verschlungen und der Denkmalschutz hatte einiges erschwert, aber mittlerweile hat sich ein gutes Gleichgewicht im künstlichen Lebensraum eingestellt und viele Arten vermehren sich hier. In der Halle leben 50 Arten, berichtete Patrick Rücker, oftmals, wie bei den Papageien, aber nur Männchen. Nächster Stopp: Zuchtanlage und Futterküche hinter den Kulissen. Wir konnten eine junge Sonnenralle in der Aufzuchtbox bewundern und ein recht frisch eingetroffenes Paar Tukane. Im Nachzuchtzentrum wird nur mit Kunstlicht gearbeitet und in der Futterküche berichtete Patrick Rücker, dass Handaufzuchten in der Regel nur für Zuchtprogramme erfolgen. Es arbeiten normalerweise fünf Leute pro Revier und Futter werde morgens und nachmittags zubereitet und verteilt. Dazu zählen Obst, gekochtes Gemüse, Hirse, Mehlwürmer und Pellets. Dreimal täglich gibt’s während der Brutzeit Insekten, um die Brut anzukurbeln.

Dann ging es raus auf die Außenanlagen. Lukas Amberger berichtete, dass der Zoologische Stadtgarten 1865 nahe des Bahnhofs entstand und mit den ersten Teichen schnell verschiedenes Wassergeflügel heimisch wurde. Große Teile des Stadtgartens stehen unter Denkmalschutz, was den Um- und Ausbau erschwert. Wir besichtigten die Zucht- und Schauvolieren der Gelbhaubenkakadus. Triebige Männchen werden kurzerhand aus der Zuchtstation in die Männergruppe der Schauvoliere verfrachtet, wo dann schnell Ruhe einkehrt. Er berichtete, dass nach dem Kupierverbot der Wasservögel aktuell nur noch Altbestand an Wasservögeln auf den Teichen sitzt, über lang oder kurz dort aber eine große Madagaskar-Landschaft entstehen soll. „Aber dafür brauchen wir noch ein paar zahlungskräftige Omas“.  An der Pinguinanlage erfuhren wir, dass der älteste Humboldtpinguin nachweislich 44 Jahre alt sei und ihre Gelege vor allem von Graureihern oft geplündert wurden. Daher hat man Gänge in die Brutbereiche angelegt, so dass die Bruten nun deutlich besser geschützt seien.

Nach diesen Eindrücken ging‘s zurück ins Hotel und anschließend zum Gesellschaftsabend ins Restaurant Stövchen. Auf den Bierbänken rückten wir zusammen und genossen das lokale Bier und die deftige Küche. Aufgrund von Platzmangel durch Missverständnisse bei der Buchung wichen einige auf das Nachbarlokal aus. Dennoch war es ein beschwingter Abend mit munteren Gesprächen und regem Austausch.    

Am Sonntag begann unser Programm mit der Mitgliederversammlung (siehe Protokoll S. ….). Nach einer kurzen Kaffeepause berichtete Lars Lepperhoff über die Vogelhaltung in Biotopvolieren im Wohnbereich. In einer Stadtwohnung beheimatet hatte er sich gefragt, ob es auch dort möglich wäre, schöne Biotopvolieren für die Haltung seiner Rotkopf-Papageiamadinen und Erdbeerköpfchen anzulegen. Aquarien und Terrarien könne man auf kleinem Raum sehr schön anlegen und begrünen, aber geht das auch mit Zimmervolieren? Er holte sich Inspirationen aus den alten Büchern von Karl Russ und Karl Neunzig, aber auch aus Zoos und von privaten Vogelhaltern. Und so gestaltete er sich eine Regenwaldvoliere mit bemalter Rückwand, Wasserbecken und einer dichten Bepflanzung mit horizontalen und vertikalen Strukturen. Die zweite Voliere stellt eine Savannenlandschaft dar. Beleuchtet wurden die Volieren vor allem mit LED’s, aber auch mit UV- und Wärmelampen. Die Rotkopf-Papageiamadinen begannen direkt mit der Brut und mit zwei Weibchen und einem Männchen konnte Lars Lepperhoff 10 Jungvögel ziehen. Auch die Erdbeerköpfchen zogen erfolgreich Junge groß und schnell war klar, dass die Säuberung bei dem dichten Vogelbesatz eine Herausforderung darstellte. Die Optik der Zimmervolieren und die erfolgreiche Zucht waren aber wirklich sehenswert!

Im Anschluss berichtete unser Sekretär Kevin Gröber über die Haltung und Zucht des Pagodenstars. Er nahm uns mit nach Asien, wo die Pagoden stehen und zeigte großartige Bilder von Tempeln. Er schilderte das Vorkommen und den Lebensraum der Art und zeigte dann seine Haltung und Zucht. Die Vögel seien teilweise recht aggressiv, sodass eine Vergesellschaftung nicht ganz einfach sei. Auch untereinander könne es zu Auseinandersetzungen kommen, sodass man vor allem beim Zusammensetzen ein Auge auf die Vögel haben muss. Er berichtete weiterhin über seine Futtermischung und zeigte die Nistkästen, in denen er erfolgreich nachzog.

Nach diesem gelungenen und informativen Züchtervortrag brachte Christoph Hinkelmann uns die Verwandtschaft afrikanischer Vögel im Licht der Ergebnisse moderner molekulargenetischer Methoden näher. Er begann mit der Systematik und deckte die neu entdeckten, uns noch ungewohnt erscheinenden Verwandtschaften, beispielsweise von Trappen, Turakos und Kuckucken auf. Anhand des aktuellen Stammbaums (Die Vögel der Erde, 3. Auflage von 2022) stellte er die verschiedenen afrikanischen Vogelarten vor und zeigte viele Bilder von seinen Reisen, aber auch von denen guter Freunde und Bekannten, nach Afrika. Bei den Hühnervögeln dienten die Frankoline als Beispiel und der Palmensegler repräsentierte die Segler. Wir sahen Bilder verschiedener Tauben, und Kraniche dienten als Beispiel für die Ordnung Kranichvögel. Weiter ging es mit den Flamingos und Regenpfeifern, wo unter anderem die Kiebitze im Bild festgehalten waren. Über Möwen, Seeschwalben, Pinguine und Störche, wo wir bspw. den Afrikaklaffschnabel präsentiert bekamen, ging es weiter zu den Ruderfüßern, wie den Kormoranen und dem Afrika-Schlangenhalsvogel. Hammerkopf und Schuhschnabel repräsentierten ebenso wie die Pelikane und Reiher die Ordnung Pelikanvögel  und dann erfuhren wir, dass Falken aufgrund ihrer engen Verwandtschaft eigentlich  fleischfressende Papageien seien. Gaukler und Singhabichte zeigte Christoph Hinkelmann bei den Greifen und über die Eulen ging es weiter zu den Mausvögeln, Trogonen und Racken. Wunderschöne Eisvögel und Spinte und anschließend dann Bartvögel,  Honiganzeiger und Hornvögel bekamen wir zu sehen. Und schließlich kamen wir zu den Sperlingsvögeln, wo zum Beispiel Pirole und Buschwürger gezeigt wurden, und über die Rabenvögel und Meisen zu den Lerchen und Staren. Er beendete die bunte Reise durch die Systematik afrikanischer Vögel mit den Glanzstaren, die nur in Afrika vorkommen.

Beendet wurde unsere diesjährige Tagung mit der Vorstellung des nächsten Tagungsortes durch Horst Brandt. Er lädt uns 2025 in den Vogelpark Walsrode ein. Vom 26. bis 28. September wollen wir im Verdizentrum tagen, fußläufig etwa 1 km vom Vogelpark entfernt. Mit Frühstück und Abendessen, einem schönen Vortragssaal, einem angrenzenden Park und einer Kellerbar bietet das Zentrum ideale Bedingungen und wir kommen sehr günstig in den Vogelpark. So freuen wir uns auf eine interessante Tagung 2025 und hoffen auf eine rege Beteiligung!