Unsere diesjährige 39. Tropenornithologie-Tagung fand auf Einladung von Prof. Dr. Franz Bairlein am Institut für Vogelforschung in Wilhelmshaven statt. Ein ganz herzlicher Dank geht daher schon an dieser Stelle an Herrn Bairlein, der sich in den vier Tagen viel Zeit für uns nahm und alles aufs Beste organisierte, so dass wir uns rundherum wohl fühlten. Das Institut für Vogelforschung besteht seit  über 100 Jahren und befasst sich mit Themen wie dem Vogelzug, Populationsbiologie und der Lebensgeschichte der Individuen. Da auch etliche unserer Brutvögel, die am Institut erforscht werden, in den Tropen überwintern, lässt sich eine perfekte Brücke von dem Austragungsort zu unserer Leidenschaft, der Tropenornithologie, schlagen. 

Die Tagung, zu der sich 54 Teilnehmer angemeldet hatten, startete am 04. Oktober mit dem informellen Begrüßungsabend im Seminarraum des Instituts, wo wir als erstes einen wunderschönen Film von Renate Brucker über Paradiesvögel und Papageien in Neuguinea genießen durften. Zu eindrucksvollen Bildern von tanzenden Vögeln in farbenprächtigem Gefieder erläuterte Frau Brucker vieles rund um die interessanten aber schwer zu beobachtenden Arten. Anschließend ging es zum gemeinsamen Essen in den Rüstersieler Hof, wo die Wirtsleute etwas überrascht ob unserer Anzahl waren und wir etwas länger auf Speisen und Getränke warten mussten. Bei kurzweiligen Gesprächen verging die Zeit aber doch wie im Flug, der anschließende Film des Ehepaars Struwe begann aber mit 45 Minuten Verspätung. Sie entführten uns wieder in liebgewonnener Weise in die Vogelwelt Brasiliens mit prächtigen Bildern, spannenden Erklärungen und Eindrücken, die das Fernweh bei uns allen wecken. Derart erfüllt und fasziniert traf man sich noch in kleinerer Runde auf einen Absacker im Rüstersieler Hof. 

Am Freitag wurde die Tagung morgens offiziell durch unseren Präsidenten Martin Kaiser und Dr. Michael Exo vom Institut für Vogelforschung eröffnet. Wir starteten mit einer Session zum Thema Museumsarbeit und Naturschutz, in der uns Detlev Franz spannende Ergebnisse bezüglich der Vermessung und ökologischen Deutung von Papageienschnäbeln in Museen vorstellte.  Anschließend hörten wir von Martin Päckert einen Vortrag über die Artenvielfalt am Hkakabo Razi in Myanmar und die Schwierigkeiten, ein Forschungsprojekt in dieser Region auf die Beine zu stellen. Da steckt ungeheuer viel Engagement dahinter und auch wenn vieles zur allgemeinen Belustigung beitrug, sind solche Verhältnisse vor Ort keinem zu wünschen, der solch ein Projekt aufziehen möchte.

Nach der Kaffeepause folgten spannende Ergebnisse von Volker Salewski über die Geierbestände im Comoé Nationalpark an der Elfenbeinküste, wo etliche Arten, ähnlich wie in Indien, drastisch abgenommen haben. Juliane Riechert berichtete ferner über die Zugrouten und Überwinterungsgebiete der Wilhelmshavener Flussseeschwalben, bei denen die Geschlechter getrennt voneinander vor der Küste Westafrikas den Winter verbringen. Die Betreuung der Jungen scheint dabei dem Vater überlassen zu werden. Zum Abschluss hörten wir noch etwas über die Sammel- und Reiseaktivitäten vergangener Direktoren des Überseemuseums in Bremen und diskutierten angeregt über die Beschaffung und Nutzung der Museumsfunde während der Kolonialzeit – ein brandaktuelles Thema. 

Nach einer stärkenden Suppe im Rüstersieler Hof ging es nach dem Mittag mit dem Themenblock Vogelhaltung weiter. Martin Kaiser berichtete über die Zucht des Haitizeisigs am Tierpark Berlin (nicht zu verwechseln mit dem Zoo oder dem Tiergarten!), wo  bereits im ersten Jahr der Haltung erfolgreich nachgezogen wurde. Auch Theo Kleefisch zeigte uns wieder schöne Bilder und Eindrücke aus seiner Zucht der farbenprächtigen, afrikanischen Sylviettas, die er über mehrere Jahre züchten konnte. Nachdem wir uns mit Kaffee und Keksen (von Kaufmanns gespendet, Danke!) gestärkt hatten, folgte ein Vortragsblock über die Feldforschung in Afrika. Hier gab uns Sascha Düker spannende Einblicke in seine Forschung über die Graupapageiendichten in verschiedenen Lebensräumen Kameruns, die erschreckend gering geworden sind. Schließlich hörten wir von Janina Klug noch inwiefern Vögel ausschwärmende Kolonien der Treiberameise nutzen, um parallel  Beute zu machen. Ein kleiner Exkurs weg von der Vogelwelt und hin zu den kleinen Krabblern war an dieser Stelle auch ganz erfrischend. 

Zum Abendessen besuchten wir wieder den Rüstersieler Hof, und nachdem wir uns mittags schon das Gericht ausgesucht hatten, gelang der zeitliche Ablauf reibungslos und wir fanden uns um 20:00 wieder im Seminarraum ein. Nun durften wir einem der Highlights dieser Tagung lauschen: Franz Bairlein präsentierte einen gleichermaßen sehr spannenden und unterhaltsamen Vortrag zu seiner Arbeit an den Steinschmätzern, bei denen er Freilandbeobachtungen und Experimente in der eigenen Haltung des Instituts für Vogelforschung kombinierte.  Dabei erzielten er und sein Team tolle und teils unerwartete Ergebnisse rund um das Zugverhalten der Vögel, die bis in die Humanmedizin beachtet werden. Auch nach einer Stunde waren wir alle noch munter und hätten sicherlich gern noch weitere Resultate dieser interessanten Forschung gehört.

Am Samstagmorgen hieß es etwas früher aufstehen, da wir uns pünktlich um 08:15 zur Exkursion versammeln sollten.  Bei bestem Wetter ging es unter Führung von Franz Bairlein als erstes zum europaweit einzigartigen schwimmenden Moor in Sehestedt. Von einstmals 235 ha sind derzeit nur noch rund 10 ha übrig, und in einigen Jahren wird es vermutlich ganz verschwunden sein. Vom Deich aus konnten wir immer wieder zwischen den Bäumen aufs Wasser blicken und Pfeifenten, Silberreiher und Kormorane beobachten. Franz Bairlein berichtete uns über die Entstehung und Geschichte des Moores und erzählte von den letzten Bauern, die Anfang des 20. Jahrhunderts noch auf der Moorfläche lebten. Anschließend besuchten wir den Langwarder Groden nahe Butjadingen. Hier wurde vor wenigen Jahren der Vordeich teilweise abgebaut, so dass die Nordsee dieses Gebiet wieder erobert. Innerhalb der kurzen Zeit der Tidewirkung hat sich die Landschaft schon merklich verändert und salztolerante Pflanzen wie beispielsweise der Queller  haben sich ausgebreitet. Über den Deich liefen wir in das Wiesengebiet und anschließend führte ein Bohlenweg durch die Überschwemmungsgebiete. Im Morgenlicht lag die Fläche wunderschön vor uns und auf den Pfützen können wir einen großen Trupp Goldregenpfeifer beobachten. Neben einigen Silberreihern und Möwen hielten sich auch etliche Brandgänse hier auf und Kormorane und Graugänse konnten im Überflug beobachtet werden. Über eine Brücke ging‘s schließlich  auf den Vordeich und im Watt waren zahlreiche Brandgänse, sowie große Trupps Rotschenkel und Brachvögel zu sehen. Nachdem wir das herrliche Wetter und die beeindruckende Landschaft genossen hatten, machten wir uns auf den Rückweg, um pünktlich um 12:00 im Melkhus in Severns zu sein. In einer alten Fachwerkscheune erwarteten uns selbstgebackenes Brot, Buttermilch, Quark und Schmalz und anschließend eine kräftige Gulaschsuppe. Das urtümliche, schlichte Ambiente mit altem Geschirr sowie der schöne Bauerngarten luden zum Verweilen und Genießen ein!

Um 14:30 ging es dann mit einem Vortrag von André Konter über die Lappentaucher am Institut weiter. Interessante Fakten über die einzelnen Arten in den Tropen und Subtropen, schöne Bilder und etliche Verhaltensbeobachtungen dieser Vögel gaben uns ein eindrückliches Bild der Podicipedidae.  Nach der Kaffeepause fand dann die Mitgliederversammlung statt. Nachdem mit Frau König eine Protokollantin gefunden war und die ersten Formalien abgehakt werden konnten, entstand eine rege Diskussion zu verschiedenen Themen. Weiterhin berichte Martin Kaiser, dass Stephan Hübner aufgrund beruflicher Engpässe die Redaktion des Rundschreiben nicht weiter fortführen könne, mit Juliane Riechert wurde aber erfreulicherweise bereits Ersatz gefunden.  Neue Ideen für das Rundschreiben wurden direkt gesammelt und so steht einer baldigen Fortführung nichts im Wege. Die Berichte des Schatzmeisters und der Kassenprüfer wurden gewohnt professionell vorgelegt und Norbert Bahr als Sekretär berichtete über seine Eindrücke der letzten Tagung und der Planung der diesjährigen Veranstaltung. Knackpunkt der letzten Tagung in Erfurt war die gemeinsame Ausrichtung mit der GAV, die einige Schwierigkeiten mit sich brachte. Schließlich wurde noch der Tagungsort 2019 vorgestellt: der Kölner Zoo, wo wir nächstes Jahr auf Einladung von Bernd Marcodes tagen dürfen. Nach der Diskussion einiger Details wie dem kostenlosen Eintritt wurde die muntere Runde um kurz vor 18:00 für beendet erklärt, um anschließend pünktlich mit dem Film über Kenia beginnen zu können. Hier zeigten uns die Kaufmanns und Carsten Brunke wieder tolle Eindrücke der dortigen Fauna und Flora, die gewohnt unterhaltsam und spannend von Berit und Peter Kaufmann in Worte gefasst wurden. 

Nach einer kurzen Abendpause trafen wir uns um 20:00 im Rüstersieler Hof zum Gesellschaftsabend. Die Versorgung mit Getränken ging recht flüssig vonstatten und bald ergriff unser Präsident das Wort. Er dankte Franz Bairlein nochmals für sein tolles Engagement und überreichte ihm als Dank ein wunderschönes Bild, Rotkehlchenbier und Nostalgieprodukten aus dem Berliner Tierpark. Besonders die Originaltüte aus der DDR-Ära sorgte allseits für heiteres Gelächter.   Anschließend wurde dann der Preis für Tropenornithologie verliehen, der dieses Jahr an Jens Hering für seine exzellente Arbeit über verschiedene tropische Vögel und deren Vorkommen im Mangrovenwald des Roten Meeres ging. Schließlich wurde das Buffet eröffnet und wir ließen uns die reichhaltigen Speisen schmecken. Bei interessanten Gesprächen und bester Laune verging die Zeit wie im Flug und kurz vor Mitternacht brachen auch die letzten auf. 

Am Sonntagmorgen stand der letzte Vortragsblock zum Thema  Freilandforschung und Vogelkrankheiten auf dem Programm. Marko Legler von der Tierärztlichen Hochschule Hannover berichtete über die Tuberkulose bei Zier- und Wildvögeln und deren Risiken für die Vogelhalter. Anschließend präsentiere Wieland Heim uns spannende Daten zu Zugrouten, Brut- und Überwinterungsgebieten ostpaläarktischer Singvögel, wo der illegale Fang ein großes Problem für die Bestände verschiedener Arten darstellt. Marko Legler schloss dann mit einer Bilderreise über die Kolibris Mittel- und Südamerikas das Vortragsprogramm ab, bei dem er uns mit hervorragenden Aufnahmen zur reichen Artenfülle  der Kolibris und ihrer Nahrungspflanzen begeisterte. 

Als letzter Tagungspunkt stand dann noch die Führung durch das Institut auf dem Programm. Franz Bairlein und Olaf Geiter (Leiter der Beringungszentrale) zeigten uns die Labors, die Bibliothek mit vielen kostbaren alten Büchern, und die Beringungszentrale. Hier werden fleißig Daten gesammelt, digitalisiert und Wiederfunde bearbeitet und Her Geiter berichtet über aktuelle Projekte und lustige Anekdoten.  Draußen versammelte sich dann wieder die gesamte Gruppe vor den Volieren der Steinschmätzer und Wachteln, wo Franz Bairlein auf die Zucht und Haltung der Vögel  einging. Die Steinschmätzer waren mittlerweile natürlich schon in den Innenräumen untergebracht, die wir leider nicht besichtigen durften „Da müssen Sie mir einfach glauben, dass wir die Vögel halten, und Zeugen gibt es genug“ so Franz Bairlein mit einem Lachen. Nach diesen spannenden Einblicken in die Arbeit des Instituts versammelten wir uns zum Abschluss wieder im Seminarraum, wo der Kölner Zoo als nächstjähriger Tagungsort nochmals für alle vorgestellt wurde. Anschließend erfolgt die allseitige Verabschiedung, man wünschte sich alles Gute, eine problemlose Heimfahrt und freute sich auf ein Wiedersehen im  Kölner Zoo 2019!