In  Erfurt,  der Dom-, Luther- und Blumenstadt mitten im grünen Herzen Deutschlands, trafen sich die zahlreichen Teilnehmer zur diesjährigen Jahrestagung der Gesellschaft für Tropenornithologie e.V.  (GTO) gemeinsam mit der Gesellschaft für Arterhaltende Vogelzucht e.V.  (GAV)

Nach dem informellen Begrüßungsabend durch Manfred Kästner im Tagungshotel Wilna stellte Oliver Richter  „Vögel vor der Haustür – unterwegs im sächsischen Muldental“ vor. Beeindruckende Bilder , begleitet mit Live-Klaviermusik von seiner Tochter Tanja. Zu allen  vier Jahreszeiten wurden einheimische Vögel und weitere Bewohner der Biotope in unmittelbarer Nähe seines Wohnortes Grimma fotografiert.

Zum  Abschluss des Abends zeigten Ingrid und Carlos Struwe bereits zum 17. Mal im Programm der GTO-Tagung einen Film, der diesmal von der Nistplatzsuche im Alentejo handelte.

Die Präsidenten Dr. Martin Kaiser  (GTO) und Manfred Kästner (GAV) eröffneten am Freitag die gemeinsameTagung und begrüßten die zahlreichen Teilnehmer. 

Dr. Ernst Günther eröffnete den ersten Vortragsblock. Das Gute und das Schöne : Gedanken zur Ästhetik des Vogels. Wie immer tiefgründig und sehr humorvoll verpackt, um zu dem Schluss zu kommen: Das Gute ist das Schöne. 

Von Untersuchungen zur Bruterfolgsoptimierung in einer Kolonie von Kubaflamingos im Kölner Zoo berichtete Ariel Jacken. Um zukünftig von Wildfängen unabhängig zu sein, sollen die Haltungsbedingungen weiter verbessert und die Nachzuchterfolge gesteigert werden. Dazu untersuchte er unter anderem die Paarbildung und den Einfluss von gleichgeschlechtlichen Paaren auf den Zuchterfolg. 

In 20 Ländern Mittelamerikas sind Vögel in Wappen oder auf Flaggen als Nationalvögel dargestellt. Prof. Dr. Ulrich Schulz zeigte auf, wie mit den bedrohten Nationalvögeln eine Vermarktung für den Tourismus gefördert, der Nationalstolz in der Bevölkerung geweckt und somit die Etablierung und Durchsetzung von Schutzgebieten vorangetrieben werden kann.

Zu den Nachmittagsvorträgen wurde in den Ratssitzungssaal in das Rathaus zu Erfurt eingeladen. Dort begrüßte der Oberbürgermeister von Erfurt,  Andreas Bausewein, die Teilnehmer recht herzlich. Grund des Ortswechsels war die Verleihung der Ehrenmedaille durch den OB an Herrn Christian Möller.  Herbert Grimm, langjähriger Kurator für Ornithologie und Malakologie am Naturkunde-museum  Erfurt würdigte Christian Möller für seine Jahrzehnte lange Arbeit in der Haltung und Zucht von seltenen Fasanen und anderen Hühnervögeln.

Unter der Rubrik Vogelhaltung und Vogelschutz berichtete Bernd Marcordes über die Vogelhaltung und –zucht im Kölner Zoo. Mit den 238 gehaltenen Arten soll ein Querschnitt repräsentiert und die Haltung von speziellen im Freiland bedrohten Vogelarten gezeigt werden. 

Florian Schäfer, Mitarbeiter des Naturkundemuseums Erfurt, ging der Frage nach: Wie kann gemeinsame Erhaltungszucht gelingen. Der Austausch von Daten zwischen Zoologischen Einrichtungen und privaten Züchtern ist für die Erhaltungszucht dringend nötig um möglichst viel über die Verwandtschaftsverhältnisse  der Tiere zu erfahren.  

Die Frage, wie bedroht ist der Schwalbensittich, stellte Jörg Asmus. Im ursprünglichen Verbreitungsgebiet Tasmanien ist diese Spezies stark bedroht. In menschlicher Obhut existieren in Europa noch zahlreiche Vögel in Zuchtanlagen und scheinen deshalb nicht so sehr bedroht zu sein. Doch kann man gezüchtete Vögel einfach im ursprünglichen Gebiet auswildern? Das im Oktober 2015 begonnene Erhaltungszuchtprojekt kann vielleicht für Aufklärung sorgen.

Der nächste Höhepunkt der Tagung war der Besuch des Naturkundemuseum Erfurt. Dort führte Herr Florian Schäfer durch die Ausstellung und auch hinter die Kulissen. Die umfangreiche Sammlung von Vogelbälgen und Präparaten, darunter viele Fasane von Herrn Möller, waren zu bestaunen. Eine kurze Einführung in die Vorgehensweise der Präparation von Ausstellungsstücken  wurde sehr anschaulich vermittelt.

Im Vortragsraum des Naturkundemuseums stellte Dr. Franz Robiller nochmals das Leben und Wirken von Christian Möller vor. Seit seiner frühesten Jugend interessierte er sich für Hühnervögel. Daraus entwickelte sich im Laufe vieler Jahre Europas artenreichste Fasanerie. Gegründet wurde die Zuchtanlage  1974 und in über 150 Volieren auf 7500 m2 Fläche werden in artgerechter Haltung auch seltene Fasane, Tragopanen, Hokkos  und weitere Hühnervögel gehalten. Der  internationale artenreine Erhaltungszuchtbetrieb mit zahlreichen Erst-Nachzuchten ist in über 40 Ländern weltweit bekannt.

Vor der Abendveranstaltung  ehrte Präsident Dr. Martin Kaiser  im Tagungshotel Herrn Horst Brandt für seine langjährige Tätigkeit als Schatzmeister der GTO und ernannte ihn zum Ehrenmitglied.

Über 40 Jahre Forschung in Nepal und China berichtete Prof. Dr. Jochen Martens. Mit sehr anschaulichen Bildern wurden die verschiedenen, teils sehr beschwerlichen Expeditionen in den Jahren von 1969 bis 2004 in die Regionen des Himalaya und die Gebirge Südwestchinas vorgestellt. Gezeigt wurde die Entwicklung der anfangs klassischen Methoden in der Vogelforschung und der Eröffnung neuer Perspektiven. Anhand von akustischen und genetischen Arbeiten konnten Gattungen wie Baumläufer, Goldbrillenlaubsänger, Goldhähnchen und Moostimalien, die nach Gefiedermerkmalen nicht zu trennen sind, unterschieden werden.

Der zweite Tag der Tagung begann mit einem Besuch der Fasanerie Erfurt von Christian Möller. Wie bereits in der Würdigung erwähnt, konnte nun die große Zahl von seltenen Ohrfasanen, Tragopanen, Himalaya-Königshühnern und anderen Hühnervögeln aus aller Welt in ihren reich bepflanzten Volieren bewundert werden. Es ist kaum zu glauben, dass Christian Möller die gesamte Anlage nahezu alleine versorgt. Man erkennt die große Liebe und Verbundenheit zu seinen Tieren.

Aus der aktuellen ornithologischen Forschung stellte Arndt Wellbrock vom Institut für Biologie, Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät, der Universität Siegen  die Zugrouten und Überwin-terungsgebiete des Mauerseglers vor. Da die langlebigen Mauersegler Langstreckenzieher sind und bis zu 10 Monate ununterbrochen in der Luft verbringen, ist eine direkte Beobachtung sehr schwierig. Nur durch einen Helldunkel-Geolokator kann zurzeit ein längerer Zeitraum beobachtet werden, der beim  Wiederfang im Folgejahr im Brutgebiet ausgewertet wird. Bislang konnten 20 Zugruten und Überwinterungsgebiete von 15 Individuen nachgewiesen werden.

Über die Größe der Population, deren Verbreitung, Zugverhalten und Ansprüche an den Lebensraum von Zwergsumpfhühnern referierte Dr. Nina Seifert. Es konnte eine große Population und auch Brutaktivität im Senegal Delta bestätigt werden. Durch DNA-Mikrosatelliten konnten 3 Populationen (in Europa C3; im Senegal Delta C1+C2  beprobte Tiere) unterschieden werden.  Es kann angenommen werden, dass „europäische“ Zwergsumpfhühner das Senegal Delta nicht nur zur Überwinterung sondern auch  zur Brut nutzen.  Ebenso gibt es Anzeichen, dass „afrikanische“ Tiere in Europa brüten. 

Dr. Michael Braun legte durch neue Erkenntnisse  mit  molekulargenetischen  Methoden die verwandschaftlichen Beziehungen innerhalb der Papageien anhand der Edelsittiche dar.

Manfred Kästner leitete die Podiumsdiskussion unter dem Titel“ Organisation im Netzwerk gleicher Interessen – Eigenständigkeit bewahren, gemeinsam handeln“. Stellvertretend aus verschiedenen ornithologischen Vereinigungen, Zoologischen Gärten, private Vogelhalter und Mitarbeiter von Museen nahmen Prof. Dr. Sven Cichon, Heiner Jacken , Dr. Martin Kaiser , Florian Schäfer, Jörg Asmus, Herbert Grimm, Lars Lepperhoff, Bernd Marcordes und Dr. Christoph Hinkelmann an der lebhaften Diskussion teil. Die Beteiligten und die Zuhöhrer waren sich einig, dass der Austausch  von Erfahrungen und die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und privaten Vogelhaltern  verbessert werden muss, das Image der artgerechten Vogelhaltung nach Aussen besser dargestellt werden soll und eine neue Kommunikationsstrategie mit Haltungsgegnern gefunden werden muss. Viele dieser Punkte waren bereits in der Erstausgabe der Gefiederten Welt schon damals behandelt worden.

Der Reisebericht von Familie Christiane, Berit und Peter Kaufmann und Carsten Brunke führte nach Kenia  in die faszinierende Vogelwelt im Rift Valley. Besucht wurden die Seen im ostafrikanischen Grabenbruch.  Da es sich um Seen mit Süß- und Salzwasser, Vulkanseen aber auch um alkalische Seen mit bis zu 70oC heißen Quellen handelt, waren die beobachteten Vogelarten natürlich sehr  unterschiedlich. Mit Hilfe von ortskundigen Vogelkundlern wurden etwa 80 Vogelarten gesichtet und fotografiert. Verschiedene Webervogelarten, Brutkolonien von Schlangenhalsvögeln, Goliathreiher, Blauwangenspinte, Schreiseeadler, Rosa- und Zwergflamingos, verschiedene Störche, Graufischer, Grünschwanzglanzstare und Veilchenastrilde um nur einige Arten zu nennen.

Im Rahmen des Gesellschaftsabend wurde der Preis der Tropenornithologie 2017 durch die Juroren der GTO, Dr. Angelika Fergenbauer-Kimmel, Theo Kleefisch und Prof. Dr. Jochen Martens an Herrn Hartmut Kolbe für sein im Juli 2016 erschienenes Jahresheft für Ornithologiegeschichte des Naumann-Museums Köthen erschienenes Werk „Nestfedern und Dunen der Entenvögel – eine Bestimmungshilfe zur Nesterkennung“ verliehen. 

 Hartmut Kolbe überreichte dem Präsidenten der GTO  Dr. Martin Kaiser und Herrn Manfred Kästner, Präsident der GAV, eine Spende.

Der vom Verlag Ulmer ausgelobte „Steinbacher – Preis“  wurde von Herrn Dietmar Schmidt an Herrn Jörg Asmus und Herrn Herbert Witt verliehen. Leider konnte Herr Witt den Preis nicht mehr entgegen nehmen, da er viel zu früh verstorben ist.  

Corinna Bartsch, Präsidentin der GTO bis 2016 (die leider nicht an der Tagung teilnehmen konnte) und Robert Pfeifer, Sekretär der GTO bis 2016 wurden vom Präsidenten Martin Kaiser für  ihre langjährigen Tätigkeiten zu Ehrenmitgliedern der GTO ernannt. 

Bei einem Spendenaufruf durch Herrn Kästner für die Unterstützung des Projekts der Nias-Beos wurden von den Teilnehmern des Gesellschaftsabends 450.-€ gesammelt und überreicht.

Nach der Mitgliederversammlung der GTO am Sonntag  referierte Jens Hering über seine Feldforschung in Libyen und Ägypten. So konnte er 2008 in Libyen erstmals den Zimtrohrsänger und 2012 den Mangroverohrsänger am Roten Meer in Ägypten, sowie die Chinadommel für den afrikanischen Kontinent  nachweisen. 

Die  Tagung der GTO 2018 findet im Institut für Vogelforschung, „Vogelwarte Helgoland“ in Wilhelmshaven vom 04. bis 07. Oktober 2018 statt.

Zum Abschluss ein Dank an alle, die zur gelungenen Tagung beigetragen haben, vor allem dem neuen Sekretär der GTO Herrn Norbert Bahr für die ausgewogene und interessante Zusammenstellung des Tagungsprogramms, sowie Herrn Manfred Kästner für die örtliche Organisation.